Das Training macht Spaß, deine Motivation ist hoch und von Woche zu Woche und Monat zu Monat verbesserst du dich ein kleines bisschen mehr. Doch ganz schleichend bahnen sich erste Schmerzen an.
Anfangs sind die Signale noch ganz leicht zu ignorieren, doch irgendwann ist das Problem einfach sehr präsent – und das meistens zum ungünstigsten Zeitpunkt überhaupt. Wer einmal mit Verletzungen durch Überbelastungen zu kämpfen hatte, ist froh, sie wieder loszuwerden: Überlastungsschäden. Ob Anfänger oder Fortgeschrittene – es kann jeden treffen.
Den Kopf in den Sand zu stecken, bringt dich aber auch nicht weiter. Viel wichtiger ist es zu wissen, wie du damit umgehst, welche Ursachen es haben kann und wie du in Zukunft Übertraining vorbeugen kannst.
Viele Tipps zu diesem Themengebiet hat Sportwissenschaftlerin und Physiotherapeutin Sarah Hahn in unserem ausdauer-Podcast geteilt. Hier findest du das Wichtigste von A bis Z zusammengefasst.
Das grundlegendste zuerst: Was ist eine Überlastung?
Als ein „Missverhältnis zwischen der Belastbarkeit (was halte ich aus) und der Belastung im Alltag und im Sport (was mute ich mir zu)“ definierte Sarah eine Überlastung. „Wenn ich mir mehr zumute als das, was ich aushalte, dann komme ich in eine Überlastung“, führte sie aus. Dabei unterscheidet Sarah zwischen akuten und schleichenden Überlastungen.
- Akute Überbelastung: Du weißt, welche Ursache die Überbelastung hat. Beispielsweise läufst du spontan einen Halbmarathon oder du gehst einer Aktivität nach, die du sonst sehr selten ausführst.
- Schleichende Überbelastung: Wenn du dich nicht akut überlastest, sondern immer nur „ein bisschen“. Nicht hinzuzuzählen ist allerdings der Muskelkater. Hier würde Sarah „eher von einer Anpassungsreaktion deines Körpers sprechen“.
Bei einem Muskelkater sei man leicht über seine Grenze hinausgegangen. Im Anschluss merke man eine „Anpassungsreaktion der Muskeln und Sehnen für ein, zwei, drei, vier Tage und danach ist das wieder gut“, ging sie ins Detail.
Überlastungen: Ist Laufen ein besonders gefährdeter Sport?
Vorab sei gesagt: Überlastungserscheinungen sind im Sport nichts Ungewöhnliches – unabhängig von der Sportart, die wir ausüben. Als „gefährlich“ bezeichnete Sarah Hahn den Laufsport daher auch nicht. Es könne allerdings eine Gefahr sein, dass das Laufen einfach falsch angegangen werde.
„Ich glaube, es ist eher, dass man es so unbedacht macht. Wir überschätzen uns oft und denken, dass wir besser sind, als wir es tatsächlich sind. Da kommt es dann her, dass man gegebenenfalls in eine Überlastungssituation und damit ins Übertraining hineinkommt“, erklärte die Expertin.
Was sind typische Symptome für eine Überlastung beim Joggen
Doch eine Überlastung muss erst einmal als solche erkannt werden. Einmal von akuten Überlastungen abgesehen, entstehen Überlastungsverletzungen „oft schleichend“. „Das sind diese Verletzungen, von denen man sagt: Ich habe doch gar nicht anders gemacht.“ Der Schmerz kam also plötzlich aus dem Nichts.
„Am Anfang spürt man meistens etwas nach der Belastung oder so gegen Ende des Laufens. Da merkt man: da ist irgendwas. Aber so schlimm ist es dann auch nicht, das ignoriert man dann meistens wieder. Und dann wird das immer mehr. Es wird immer präsenter.
Es kommt früher beim Laufen, es wird stärker. Dann merkt man es vielleicht noch zwei, drei Tage hinterher und irgendwann kommen die Beschwerden, die auch im Alltag nicht mehr verschwinden“, skizzierte Sarah einen typischen Verlauf.
Es werde schlimmer über die Zeit hinweg – und „wenn das so etwas Schleichendes ist, dann kann das schon mal in Richtung Überlastungsschmerzen gehen“, sagte sie im Podcast.
Welche Ursachen hat eine Überbelastung beim Joggen?
Dein Laufstil als Ursache?
„Das kann etwas damit zu tun haben, muss es aber nicht. Das ist wie bei allem: Alles kann, nichts muss. Verschiedene Laufstile haben verschiedene Belastungsprofile. Ein Vorfußlauf belastet die Achillessehne und den Fuß mehr und ein Rückfußlauf belastet das Knie mehr. Weil irgendwer muss ja diesen Stoß, wenn ich aufkomme, auch abdämpfen. Das gehört einfach dazu.
Dementsprechend sind beim Vorfußlaufstil die Füße mehr belastet, deswegen ist man da vielleicht anfälliger dafür, sich dort zu überlasten. Aber man kann auch sehr gut Vorfuß laufen und nie etwas bekommen“, so Sarah. Ähnlich verhalte es sich mit dem Rückfußlauf. „Ich bin überhaupt kein Fan davon zu sagen: Das ist der eine Laufstil und der ist gut – und der andere ist schlecht“, verdeutlichte die Sportwissenschaftlerin.
Bist du zu schnell eingestiegen?
Hast du eben erst neu mit dem Laufen begonnen und hast beispielsweise Trainingsumfang oder -intensität zu schnell gesteigert, könnte das ursächlich sein. Achte also darauf als Einsteiger zu Beginn nicht in zu kurzer Zeit zu viel zu belasten.
Betrachte zur Ursachenfindung mehrere Wochen und lasse auch deinen Alltag dabei nicht außer Acht.
Sarah erklärte im Podcast: „Zoom einmal ein bisschen raus: Schau dir nicht nur die letzten ein bis zwei Wochen, sondern die letzten sechs bis acht Wochen an. Hat sich vielleicht etwas verändert? Hat sich vielleicht auch im Alltag etwas verändert? Wenn ich im Alltag plötzlich von einer sitzenden Tätigkeit in eine stehende oder eine, bei der ich sehr viel laufe, wechsele, dann habe ich natürlich in Summe viel mehr Belastung.“
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Was du tun kannst, wenn sich eine Überlastung bemerkbar macht
Wie auch Sarah betonte, gilt wie immer: „Nicht in Panik verfallen“ und es stattdessen „ein bisschen beobachten“. Schließlich setzt du deinen Körper beim Laufen einer Belastung aus – da zwicke es nun ab und an einmal hier, und einmal da. „Wenn es irgendwie so ‚random‘ ist, und nicht ein Muster zeigt, dann würde ich da erst einmal gar nicht die Pferde scheu machen“, riet die Expertin.
Belastungssteuerung statt Sportpause
Stelle man allerdings ein Muster fest und man merke, es bahne sich etwas an, dann sollte man reagieren. Ein Beispiel hierfür könnten schleichend kommende Schmerzen am Knie sein. Doch was bedeutet „reagieren“? Viele denken hierbei sofort an eine Sportpause. Ein bisschen Ruhe und dann wird es schon wieder verschwinden? Sarah empfiehlt eine andere Herangehensweise.
„In der Regel heißt ‚reagieren‘, etwas am Sportpensum zu verändern.“ Eine Sportpause ist demnach nicht immer notwendig. „Oft reicht auch – gerade am Anfang – eine Sportreduktion. Man bleibt unter der Belastungsgrenze und macht parallel dazu dann vielleicht doch das Krafttraining, das man eigentlich nicht so gerne machen wollte“, führte sie aus.
Taste dich systematisch an deine Belastungsgrenze heran: Wie funktioniert das? Tipps von Sarah
- Das Niveau deiner Leistung etablieren: Das entspricht dem Training, das du in den vergangenen zwei bis drei Wochen hattest.
- Steigere deinen Umfang um circa 10–30 Prozent. Wichtig sei es, hier wirklich 30 Prozent als Maximum anzusehen, so Sarah. Das etablierst du erneut. Wenn es dir damit gut geht und du keine Schmerzen verspürst, bleibst du auf diesem Niveau erst einmal.
- Kommen Schmerzen wieder, „nicht die Flinte ins Korn werfen und denken, es war alles umsonst“, warnte Sarah. Es lässt sich schließlich auch noch einmal ein Schritt zurückgehen.
- „Das ist ein ‚Trial and Error‘ – aber systematisch“, fügte die Expertin an.
Wann sollte ich zum Arzt gehen, wenn ich vermute, dass ich mich beim Joggen überlastet habe?
Sarahs Empfehlung: „Wenn man das selbst beeinflussen kann – im Sinne von, ich fahre die Belastung zurück, ich mache ein paar Übungen und das wird besser. Dann kann man damit arbeiten. Wenn man aber merkt, das lässt sich so gar nicht beeinflussen.
Im Gegenteil: Das wird immer schlimmer und das über zwei, drei, vier, fünf Wochen hinweg, dann sollte man schon mal einen Arzt oder Sportmediziner aufsuchen.
Grundsätzlich sollte die Endstation immer ein Physiotherapeut oder Coach sein – jemand, der mit einem an diesem aktiven Therapietrainingskonzept arbeitet. Das ist nicht der Arzt, der kann das aber in die Wege leiten.“
Wie du nach einer Pause wieder sicher und richtig ins Lauftraining einsteigst
Besonders für Anfänger kann es nach einer längeren Pause aufgrund einer Laufverletzung schwer sein, wieder ins Training einzusteigen. Denn: Wie beginnt man denn am besten wieder von vorne? Von einem Umfang wie vor der Verletzung sei jedenfalls abgeraten.
Sarah hingegen rät zu „kleinen Intervallen“, was „vier bis fünf Mal zwei Minuten laufen, zwei Minuten gehen im Wechsel“ entspricht. Das sei eine „gute Testmöglichkeit“, mit der man anfangen könne, so die Expertin.
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Was kann ich tun, um einer Überanstrengung beim Joggen vorzubeugen?
Doch wer sich gar nicht erst mit Überlastungsschäden herumschlagen möchte, sollte auf Krafttraining setzen. Das sei „sehr sinnvoll“, wie Sarah betonte. „Dazu gibt es Untersuchungen, dass so ein Krafttraining eben auch prophylaktisch helfen kann, um solche Überlastungssyndrome vorzubeugen. Das ist das eine.“
Überlastungen ließen sich jedoch auch damit vorbeugen, langsam in eine Sportart einzusteigen und das mit dem Krafttraining zu kombinieren. Dieser Tipp richtet sich also an alle Anfänger, die das Laufen gerade beginnen für sich zu entdecken.
Überlastung beim Joggen: Symptome, Ursachen und Vorbeugung – ein kleines Fazit
- Symptome und Anzeichen: Unterscheide zwischen akuten Laufverletzungen und Überlastungen, die sich langsam, schleichend im Lauf deines Trainings oder über den Alltag anbahnen. Lasse Anzeichen von Beschwerden also nicht einfach außer Acht.
- Ursachen: Eventuell hast du Umfänge oder Intensität deiner Trainingseinheiten zu schnell gesteigert. Des Weiteren solltest du bei der Ursachensuche auch deinen Alltag nicht außer Acht lassen.
- Vorbeugung: Krafttraining und langsame Steigerung deines Trainings – das sind wohl die Kernpunkte, die du aus diesem Artikel mit Blick auf Überlastungen mitnehmen solltest. Auch die Regeneration und Erholung sollte Bestandteil deines Trainingsplanes sein.
In diesem Sinne wünsche ich dir eine verletzungsfreie Trainingszeit.
Sportliche Grüße
Deine Michelle
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Über die Autorin: Michelle Brey
Fußball, Auspowern, Musik und Schreiben: Das bin ich. Michelle aus München.
Mit bereits fünf Jahren bin ich der Leichtathletik verfallen, zwei Jahre später dem Fußball. In der U17 mischte ich die Juniorinnen Bundesliga, die höchste Fußballliga Deutschlands für Mädchen, auf.
Neben dem Sport schreibe ich leidenschaftlich gerne und hoffe hier meine Leidenschaft zum Sport und dem Schreiben vereinen zu können und so dir, dem Leser, hilfreiche Tricks&Tipps geben zu können!
Ich freue mich auf dich. Sportliche Grüße, Michelle